Neue Mitarbeiter erwarten individuelle Einarbeitung und Unterstützung. Doch was passiert, wenn Mentoren und Kollegen im Stress sind?
Weniger ist 38% mehr
Quizfrage: Was kostet die Neubesetzung einer Stelle?
Antwort: 14.000 € – laut Deloitte. Doch die Kosten sind noch höher.
Alleine Produktivitätsverluste (bis zu 2,5% des Umsatzes), Zeitaufwand für Fragen neuer Mitarbeiter (5:09h / Woche) und unnötige Doppelarbeit durch mangelndes Wissen (11% der Arbeitszeit) sorgen für entgangene Gewinne von etwa 6.5% des Umsatzes. Dazu: vermeidbare Fehler, die branchenspezifisch bis in den Millionenbereich gehen (solche Fälle haben wir tatsächlich gesehen!).
Sprich: Ein durchschnittliches Beratungsunternehmen könnte ohne diese Kosten den Gewinn über 38% steigern. Mit weniger Kündigungen, weniger Fragen und weniger Doppelarbeit.
Verwundert, erstaunt, erschrocken: Willkommen im Unternehmen!
Letztens habe ich mit Thomas* gesprochen, der Unternehmensberater ist. Er konnte mir erzählen, warum Neubesetzungen und Einstellungen so teuer sind. Thomas war in mehreren Unternehmen tätig. Bei jedem neuen Job war er:
Verwundert
Übergabe durch den Vorgänger? Im Bestfall hatte der Vorgänger einen Tag einen Übergabeprozess durchgearbeitet, wichtige Informationen abgelegt. Meistens aber noch nicht einmal das. Stattdessen gab es einen Mentor. Das war nett – aber keine Übergabe.
Am ersten Tag gab es zwar rechtliche Informationen, Kollegen wurden vorgestellt – außerdem kam nach einer Woche ein Mitarbeitergespräch. Danach kam aber erst mal – nichts.
Erstaunt
Stattdessen gab es eine „Holschuld für Wissen“: Statt benötigte Informationen zugespielt zu bekommen, sollte Thomas fragen. Und er fragte viel – 20 Fragen am Tag. Doch wie soll man effektiv fragen – wenn man gar nicht weiß, was man braucht?
Erschrocken
Eine Wissensdatenbank gab es nicht. Das heißt, es gab Abteilungen mit individuellen Wissensdatenbanken, etwa in der Forschung – die meisten Abteilungen hatten keine. Und das war kein Einzelfall – sondern Standard, wie er bei den kleinen bis sehr großen Unternehmen, die er beriet, feststellte. Der Grund? Fehlende Zeit, fehlende Motivation – und Individualisten, die alle ihre eigenen Art zu dokumentieren hatten – mit Excel, Powerpoint oder Word.
Wenn man Glück hatte, gab es MS OneDrive oder Teams – mit Ordnerstrukturen, die veralteten und regelmäßig mit hohem Zeitaufwand neu erstellt werden mussten.
Frustriert
Die Folge? Lange Zeit für die Erledigung von Aufgaben („zahlt oft der Kunde“), viele Fragen – und etwa vier Wochen pro Jahr Doppelarbeit: Man arbeitet und hört nach Tagen:
„Warum hast du das gemacht, das hat deine Kollegin doch schon vor zwei Jahren gemacht!
Frag doch!“
Aber kein neuer Mitarbeiter wird alles immer fragen – wenn er nicht weiß, was und wen.
Die Folge: Frustration und – richtig – die Kündigung noch in der Probezeit!
Wie es besser geht…
Wie kann man Individualisten dazu bringen, ihr Wissen standardisiert abzulegen? Wie kann man dokumentieren und Informationen aktiv an neue Mitarbeiter herantragen?
Lernplattformen?
Lernplattformen bieten die Möglichkeit, Trainingsmaterial (Präsentationen, Videos) zu erstellen und aktiv an neue Mitarbeiter heranzutragen, wenn sie dieses benötigen. Das Stichwort dazu lautet „Just- in-Time Learning“. Das bedeutet aber auch, dass man die Zeit und Motivation für die Erstellung und Pflege des Trainingsmaterials aufbringen muss – Zeit, die oft fehlt.
Alternativen
Haben Sie ähnliche Erfahrungen bei der Einarbeitung gemacht – oder können Sie uns von positiven Beispielen berichten?
Welche Lösungen für die Einarbeitung kennen Sie für Startups und kleine und mittlere Unternehmen, bei denen Aufträge warten und Zeit Mangelware ist?
Schreiben Sie uns einen Kommentar und diskutieren Sie mit – wir freuen uns auf Ihre Erfahrungen und Meinungen!
*Personen natürlich rein fiktiv